Die Franzosen werden immer deutscher

Salat aus der Tüte ebenso wie Crème brûlée, Soße aus dem Eimer: Immer mehr Gaststätten nutzen vorgefertigte Industrieware, sogenannte Convenience. In Frankreich gibt es jetzt eine Initiative, die den Begriff „Restaurant“ schützen lassen wollen, wie Spiegel online berichtet und sich dabei auf die Agentur Reuters stützt.

Rind in Rotwein, Lammkarree mit Knoblauch, Bouillabaisse oder Quiche Lorraine: Es sind die Klassiker der regionalen Küche, die Frankreich den Ruf großer Kochkunst beschert haben und zum Ruhm der Nation beitragen wie Champagner oder die Grand Crus. Doch kulinarischen Genuß, von der Unesco 2010 auf Empfehlung von Nicolas Sarkozy in den Rang des Weltkulturerbes erhoben, weil damit die „wichtigsten Momente im Leben gefeiert werden“, droht Unheil.

Wo normalerweise Zwiebelsuppe, Rieslinghuhn und Zitronentarte – handgemacht – serviert wurden, gibt es jetzt Fast Food. Die Mittagspause, einst ein ausgiebig zelebriertes Ritual im Restaurant an der Ecke, ist während der vergangenen 40 Jahre von eineinhalb Stunden auf knappe 38 Minuten geschrumpft, fast auf deutsches Niveau.

Die französische Traditonsgastronomie hat es schwer. Der Absatz der Fast-Food-Branche hat 2012 erstmals in der Geschichte den der Gaststätten übertroffen, in denen das Essen am Tisch serviert wird. Und daran dürfte sich so schnell wenig ändern. Denn der Niedergang der Kochkultur hat sogar die Bastionen solider Gastronomie erreicht. Nicht nur in Fast-Food-Ketten, sondern auch in Bistros und Brasserien gibt es zunehmend vorgefertigte Bestandteile.

Der Dekadenz am Herd hat der Berufsverband Synhorcat den Kampf angesagt. Die Vereinigung von Hoteliers, Gastronomen und Café-Besitzern will den Begriff „Restaurant“ schützen lassen. Bislang gilt für die Bezeichnung nicht mehr als die Definition aus dem Standardwörterbuch „Petit Robert“: „Ein Restaurant ist ein Ort in dem gegen Geld Essen serviert wird“.

Damit soll es der Initiative folgend bald vorbei sein – stattdessen wollen diese Leute einen Standard wie bei Weinen, wo die Bezeichnung AOC („Appellation d’Origine Controlée“) Herkunft und Qualität garantiert.
„Wir wollen Transparenz und Qualität“, so Synhorcat-Präsident Didier Chenet. „Ein Gesetz soll festschreiben, daß man in einem Restaurant der Kundschaft Speisen vorsetzt, die vor Ort gekocht wurden, mit frischen Zutaten.“

Wie es heißt, sollen gut 80 Prozent der Köche den Vorschlag im Grundsatz befürworten. Er stößt bei Kantinen, Imbissen und Sandwich-Läden auf Widerstand. Deren Interessenvertretungen – insgesamt sechs Organisationen – haben massiven Widerstand angekündigt. Sie warnen davor, Verwirrung bei Kunden und vor allem ausländischen Touristen zu stiften. Sie fürchten komplizierte Kontrollen, steigende Kosten und sehen die „Vielfalt“ der heimischen Gastronomie gefährdet.

Didier Chenet, der auf die Unterstützung von Abgeordneten, Senatoren und von Tourismusministerin Sylvie Pinel rechnet, ist dennoch optimistisch: Immerhin 96 Prozent der Franzosen sind für ein Gütesiegel. Die Verfechter der Billiggastronomie haben ausgespielt, glaubt Chenet. „Ein Restaurateur arbeitet nicht mit Schere und Mikrowelle…“ Ein Gesetz soll her, welches das regelt.

Gütesiegel werden also auch in der französischen Gastronomie so modern wie sie es in der deutschen schon lange sind.

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