Für die im Kunstmuseum Thun (in der gleichnamigen Stadt) in der Schweiz laufenden Ausstellung „Gunta Stölzl und Johannes Itten – Textile Universen“ ist das Deutsche Textilmuseum in Krefeld einer der großen Leihgeber. Dabei ist Johannes Itten (1888-1967) die direkte Verbindung in die Stadt, die einmal aus Samt und Seide war. „Wir besitzen Textilien und Hinterlassenschaften aus der Zeit, als Johannes Itten an der Flächenkunstschule in Krefeld lehrte. Es ist ein sehr reicher Schatz“, wird Museumsleiterin Dr. Annette Schieck zitiert, die über Ittens Krefelder Zeit einen Beitrag im zur Ausstellung erschienenen Katalog beitrug. Und weiter: „Die in Krefeld praktizierte enge Verbindung von Schule und Industrie im Rahmen der Ausbildung war dmals einzigartig. So wurden die Schülerinnen und Schüler früh in die Betriebe eingeführt und an zeitgemäßen Maschinen ausgebildet, was ihnen den späteren Berufseintritt erleichterte“, so die Museumsleiterin in der deutsch-englisch-sprachigen Publikation.
Durch einen Artikel in der Zeitschrift „Die Form“ wurden Krefelder Textilhersteller auf Itten und seine Lehre aufmerksam und gewannen ihn für ihr Vorhaben. „Johannes Itten konnte auf langjährige Erfahrung als Lehrender für Gestaltung am Bauhaus und an anderen Schulen zurückblicken, als er die Leitung der Flächenkunstschule übernahm. Hierfür war die Kontaktaufnahme durch Dr. Erich Raemisch, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Vereins deutscher Seidenwebereien, und Hermann Lange, erster Vorsitzender des Vereins und Krefelder Seidenhersteller, in Berlin maßgebend“, so Schieck in ihrem Beitrag. Itten setzte seine am Bauhaus entwickelte Lehre in Krefeld fort. „Die Flächenkunstschule war als befristetes Projekt mit der Option auf Verstetigung konzipiert“, berichtet die Museumsleiterin. Nach zwei Jahren Probezeit fand eine erste Evaluierung statt, die Itten trotz Erfolgs keine Verstetigung brachte. Die Flächenkunstschule wurde nach dem Wintersemester 1937/1938 geschlossen. Kein Wunder, die nationalsozialistschen Machthaber in Berlin erklärten Ittens Kunst 1937 als „entartet“. Der bis April 1938 angelegte Vertrag wurde im November 1937 gekündigt. Itten musste Deutschland im Frühjahr 1938 verlassen. Er zog zurück in die Schweiz.
Kleider, Stoffbahnen, Gewebemusterstücke, ein Studienbuch mit Namen und Fotos der Schüler Ittens, die er an der Webeschule von 1932 bis 1938 ausgebildet hat, sowie handgefertigte Skizzen und Musterpatronen zählen zu den insgesamt 200 Exponaten, die in Thun gezeigt werden. Das Deutsche Textilmuseum hat 21 Objekte aus dieser Sammlung hierfür ausgeliehen.
Objekte von Johannes Itten. die sich heute im Deutschen Textilmuseum befinden, sind von Ehefrau Anneliese, die sie 1992 stiftete. Unter den Ausleihen befinden sich sieben Stoffbahnen, davon vier, die Johannes Itten persönlich gestaltet hat – ein schwarzer Tulpenstoff mit Golddruck ziert das Ausstellungsplakat, wie als Beitragsfoto zu sehen. Sie trugen schließlich zur Inspiration der Thuner Austellungsmacher bei.
Wie mehrfache erwähnt ist zur Ausstellung „Gunta Stölzl und Johannes Itten. Textile Universen“ ein Katalog (Verlag Hirmer) mit einem Beitrag „Johannes Itten an der Höheren Fachschule für Textile Flächenkunst in Krefeld (1932-1938)“ von Dr. Annette Schieck erschienen. Die Publikation umfasst 256 Seiten mit 270 Abbildungen in Farbe und kostet im Buchhandel € 42,-. Die Ausstellung in Thun endet am 1. Dezember.
www.kunstmuseumthun.ch/de/.