Mirja Foltin-Cremers sitzt auf dem Boden in der Sporthalle der Grotenburg-Schule Vor ihr liegen eine Stoppuhr und ein Klemmbrett. Sie beobachtet soeben einen Jungen, der sich gerade um so viele Liegestütze wie möglich in 40 Sekunden bemüht. Die Dame notiert die Anzahl auf dem Erfassungsbogen und bittet den nächsten Schüler zu sich. Für die Klasse 4c steht an diesem Tag ein besonderer Sportunterricht an.
Der städtische Fachbereich Schule, Pädagogischer und Psychologischer Dienst erhebt über mehrere Bewegungsstationen die sportmotorische Fitness an Krefelder Grundschulen. Ziel ist es, die Stärken und Defizite der Kinder zu ermitteln und zu vergleichen, um entsprechende Schlussfolgerungen ziehen zu können.

„Die körperliche Fitness ist ein entscheidender Faktor für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Kinder, die sich viel bewegen, profitieren auch von einer besseren kognitiven Leistungsfähigkeit und Konzentration. Der Test soll darauf aufmerksam machen und bestenfalls sogar motivieren, Sport zu machen“, wird Mirja zitiert. Sie ist staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin und hat Gesundheitsmanagement studiert.
Schon seit 2012 organisiert die Stadt Krefeld als Schulträgerin regelmäßig Motorik-Tests an Grundschulen. Bis zu einer coronabedingten Pause hatten diese Erhebungen unterschiedliche Schwerpunkte, da sie häufig projektgebunden waren.
Seit Wiederaufnahme im Jahr 2022 arbeitet Mirja daran, den Deutschen Motorik-Test des Karlsruher Instituts für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) flächenmäßig an allen Krefelder Grundschulen zu implementieren. Dieses standardisierte, deutschlandweite Verfahren misst die körperliche Fitness von Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren. Dazu reichen acht simple Übungen aus. Sie betreffen die Ausdauer, Koordination, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit und das Gleichgewicht.
An der Grotenburg-Schule ist der Test aufgebaut Zu Beginn steht ein Sechs-Minuten-Lauf, um die für die aerobe Ausdauer tz ernitteln. Anschließend absolvieren die Kinder einen 20-Meter-Sprint und balancieren auf schmalen Balken rückwärts. Sie machen Rumpfbeugen, Sit-ups und Liegestütze. Beim Standweitsprung kommt es auf die Weite an, beim Seitspringen wiederum auf die Schlagzahl.
Die Tests sind freiwillig und bedürfen einer elterlichen Einwilligung. Die erhobenen Daten fließen anonym in die deutschlandweite Auswertung ein. Auch die Schulen bekommen die klassenscharfen Ergebnisse nur verschlüsselt übermittelt. Lediglich die Eltern der Kinder erhalten nach Wunsch eine individuelle Analyse samt Empfehlung für eine mögliche passende Sportart. Hierfür wird dassportmotorische Niveau in fünf Kategorien von „weit unterdurchschnittlich“ bis „weit überdurchschnittlich“ ein. „Die vorderste Aufgabe des Motorik-Tests ist zunächst die Dokumentation eines Ist-Zustands. Auf dieser Grundlage können die Schulen dann aber ihren Sportunterricht zum Beispiel mit individuellen Förderungsmaßnahmen oder Sport-AGs anpassen“, so Mirja 2022 hat sie mit einer Pilotphase an der Grotenburg- und Johansenschule begonnen. Ihr Fernziel damals: Die Tests sollen jeweils an allen Krefelder zweiten Klassen durchgeführt und zwei Jahre später in der vierten Jahrgangsstufe wiederholt werden. So sollen Entwicklungen nachgehalten werden. Schon 2023 erweiterte die Stadt die Testungen auf die zweiten Klassen neun weiterer Schulen. In diesem Schuljahr kamen vier Grundschulen hinzu, ebenso wie die ersten Vergleichstests für die vierten Klassen der Pilotschulen. Jedes Jahr sollen sukzessive weitere der 31 Krefelder Grundschulen in die Testungen aufgenommen werden, langfristig ebenso die Förderschulen.
Dabei ist die Stadt auch auf freiwillige Testhelfer angewiesen. Hierbei kann sie auf bereits bestehende Kooperationen mit dem TSV Bockum und SC Krefeld 05 zurückgreifen. Die Vereine tragen an den entsprechenden Schulen auch das Ganztagsangebot. Den Pool an Freiwilligen erweitern Jugendliche von weiterführenden Schulen sowie weitere ehrenamtliche Übungsleiter und Sporthelfer. „Mit den bisher teilnehmenden Schulen versuchen wir bereits, verschiedene Stadtbezirke und -stadtteile abzudecken, damit wir einen möglichst großen Querschnitt erzeugen können“, erklärt Mirja Auch wenn es ür eine repräsentative Bilanz zu früh ist, beobachtet sie Unterschiede zwischen Stadtteilen und Grundschulen. Kinder von Innenstadt-nahen Schulen würden demnach häufiger motorische und Fitness-Rückstände vorweisen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden, insgesamt ist jedenfalls ein Schwarmbewußtsein vorhanden, dass lautet: Fit ist = gesund.