Ein Schatz des Archäologischen Museums

Aufmerksamkeit erregt im Archäologischen Museum der Stadt, das in Bronze gegossene Abbild eines Knaben, das von einem unbekannten Künstler stammt. Es ist zwar nur eine Replik, was der Anmutung allerdings keinen Schaden zufügt. Das Original wurde aus einem Abzweig des Rheins geborgen.

Der Rhein bildete zur Zeit der Römer am Niederrhein die Grenze zwischen der römischen Provinz Niedergermanien und den „Barbaren“ auf der rechten Uferseite. Diese „nasse Grenze“, den Niedergermanischen Limes, sicherten die Römer linksrheinisch mit Kastellen, sie patrouillierten aber auch mit Schiffen auf dem Rhein. Als Grenze betrachteten sie nicht die Flussmitte, sondern das gegenüberliegende Ufer. Der Rhein gehörte also zum Römischen Reich. Wie heute wurden auf dem Strom Waren und Menschen transportiert. Denn in der Antike – und noch bis ins Mittelalter – galten die Flüsse als „Autobahnen“, als schnellste Möglichkeit von A nach B zu gelangen. Und es kam vor, dass solche Transporte von Germanen überfallen wurden oder Schiffe sanken. Dabei ging manches im Rhein verloren, was Jahrhunderte später erst wiedergefunden wurde – wie der „Lüttinger Knabe“. Eine der seltenen Kopien befindet sich, wie bereits erwäähnt, im Archäologischen Museum – das Original befindet sich im Neuen Museum in Berlin.

Wie die Statue an seinen Fundort gelangte, ist offen: vielleicht ein Beutestück, das auf der Flucht verloren ging. Oder ein Schiff hat seine Ladung bei einem Untergang verloren. Im Februar 1858 machten sechs Lachsfischer aus Lüttingen und Bislich am Niederrhein in der Gegend von Xaanten diese erstaunliche Entdeckung – allerdings nicht in ihren Netzen im Strom, sondern im trockengefallenen Seitenarm des Rheins. Sie waren gerade dabei, bei Bislich große Steine im Kies zu vergraben, weil an spitzen Felsen es ihnen widerholt die Netze zeriss. Dabei stießen sie auf die Statue. Mit ihren 1,44 m war es eine lebensgroße Bronze eines Knaben, dem lediglich der linke Unterarm abhanden gekommen war. Ihren Fund brachten sie nach Lüttingen, ursprünglich ein Fischerdorf, heute ein Stadtteil von Xanten am Rheinkilometer 827. Dort stellten sie den „Lüttinger Knaben“ in einer Schule aus, den man besichtigen konnte, gegen Bares. Dem römischen Knaben hatten sie in der einen Lendenschurz verpasst. Wer den Knaben so sehen wollte, bezahlte zehn Pfennig, wer ihn in aller Schönheit betrachten wollte, musste das Doppelte berappen.

Für ihr kostbares Fundstück interessierte man sich alsbald in der Hauptstadt Berlin. Das Pergamonmuseum zahlte damals die enorme Summe von 8.000 Mark als Finderlohn. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der „Lüttinger Knabe“ in Moskau ausgestellt, kam dann nach Ost-Berlin und steht heute im Bacchus-Saal des Neuen Museums. So muss ihm nicht nachgetrauert werden, wie dem Schatz des Priamos, den Schliemann in der heutigen Türkei ausgrub und dem deutschen Volke schenkte. Er befindet sich nach wie vor in M oskau.

Eine der seltenen Kopien des Knaben erwarb der ehemalige Museumsleiter Dr. Albert Steeger während seiner Amtszeit. Sie steht in der Dauerausstellung – ohne Lendenschurz.

Als Teil des Niedergermanischen Limes wurde das Kastellareal in Krefeld-Gellep 2021 als Unesco-Welterbe anerkannt. Unter den in Nordrhein-Westfalen einzutragenden Römerstätten nimmt dieses Areal eine Schlüsselposition ein. Es bestand vom ersten bis fünften Jahrhundert nach Christus fast ununterbrochen an derselben Stelle. Das Welterbe-Projekt umfasst die Grenzlinie und Militäreinrichtungen zur Zeit der Blüte des Römischen Reiches, etwa in der Zeit von 100 bis 200 nach Christus. Geschichten rund um die Krefelder Welterbestätte stehen im Netz und können mit www.krefeld.de/welterbe aufgerufen werden.
Quelle: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, wovon auch die Fotos stammen

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