Prozess gewonnen – trotzdem verloren

Während VW denkt, den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können, welche sich der Autobauer um den Hals legte, als er falsche Tatsachen vorspiegelte, sind verärgerte Kunden strikt dagegen, wie in einem Prozess vor der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach, der im März begann, siehe
hier, zu erleben. Eine Käuferin eines gebrauchten dieselgetriebenen Autos mit Software, die während des Prüfverfahrens andere Schadstoffwerte liefert als im Normalbetrieb auf der Straße, wollte dies nicht hinnehmen, trat im Dezember 2015 von ihrem Kaufvertrag zurück. Da das nicht akzeptiert wurde, verklagte sie den betreffenden Autohändler in Mönchengladbach, von dem der Wagen stammt, hilfsweise das Werk, wo die Software bei der Produktion des Autos eingebaut wurde.

Unabhängig von dem Prozess, von dem hier zu berichten ist, hat die Sache inzwischen weite Kreise gezogen. Auf einem „Dieselgipfel“ in Berlin haben sich neben VW auch andere Autobauer verpflichtet, Motoren, die zu viel Schadstoff ausstoßen, das elektronisch abzugewöhnen, nicht ganz, aber so ungefähr 30%. Dafür sollen so ungefähr 5 Millionen Autos in die Werkstatt.

Genau das wollte die Klägerin vor dem Mönchengladbacher Landgericht nicht, ebenso wie wahrscheinlich andere Hunderttausende auch nicht, exakte Zahlen hierzu gibt es nicht. Warum, liegt auf der Hand: Das Auto ist nicht mehr das, was gekauft wurde, verschleißt u.U. schneller, braucht mehr Sprit. Etwas davon ist auch in der Urteilsbegründung von Richterin Ulrike Flecken zu lesen, die folgendes Urteil (Az 10 O 84/16) verkündete: Die Klägerin darf den Wagen zurückgeben. Ihr sind 13 360,- € (der ursprüngliche Kaufpreis) zuzüglich einer Verzinsung (von 5% über dem Basiszinssatz) zu zahlen, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer, weil ein Mangel vorliegt, und es drohe Widerruf der Typ-Zulassung. Eine Nachbesserung anstelle der Kaufpreiserstattung sei nicht zumutbar, weil die Prüfungssoftware dann wiederum von VW selbst entwickelt werden müsste und die Wartezeit zu lang sei (erst im November 2016 war das Softwareupdate für diesen Fahrzeugtyp verfügbar). Im Übrigen müsse die Volkswagen AG „selbst die von ihr entwickelte Software für unzulässig gehalten haben, denn sonst hätte sie sie bei der Erteilung der Typengenehmigung ohne weiteres offenbaren können.“

Die Klägerin ist trotzdem nicht zufrieden, und das ist nicht weiter verwunderlich. Sie soll von den Kosten des Prozesses (ca. 6 800,- €) ein Viertel tragen. Das hängt mit der Nutzungsentschädigung zusammen. Ferner sind die außergerichtlichen Anwaltskosten (in Höhe von etwa 2 200 €) selbst zu tragen. Die Kanzlei Stoll und Sauer, welche die Klägerin vertritt, hat gegen die Teile des Urteils, welche die Klägerin schlechter stellen, Berufung eingelegt. Sie stützt sich dabei auf § 92 Abs. 2 ZPO. Nach diesem können in einem Zivilprozess die gesamten Kosten auch einer Partei allein auferlegt werden.

Die beklagten Parteien haben ebenfalls Berufung eingelegt, aber noch ohne schriftliche Begründung (allerdings sagte RA Baumbach, der Anwalt des Autohändlers, gegenüber dem Gladbacher Tageblatt, wenn ein Betrug vorliege, sei auch sein Mandant betrogen worden).

Das Verfahren zu dem beschriebenen Fall läuft jetzt weiter vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az I-13 U 36/17). Vor dem Landgericht Mönchengladbach sind etwa zwanzig Verfahren zu dem Themenkreis anhängig. Vier davon sind eröffnet, aber noch kein weiteres abgeschlossen.

Rhenanus

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