Was tun mit dem Flüchtlingszustrom?

Die Flüchtlingssituation in der Stadt erfordert neue Maßnahmen. Es ist nicht abzusehen, dass der Zustrom nachlässt. Irgendwelche signifikanten Änderungen sind durch irgendwelche Diskussionen im politischen Raum nicht zu erwarten, ebenso wenig eine Änderung durch Modifizierung der Gesetzeslage noch der der anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine oder im Nahen Osten.

Markus Schön, Foto: Presse und Kommunikation

Von den Hunderttausenden Menschen, die nach Deutschland strömen, leben rund 2.300 (Stand 4. Dezember) aktuell in Unterkünften, die ihnen die Stadt Krefeld zur Verfügung stellt. Nach den Vorgaben des Flüchtlingsaufnahmegesetzes ist die Stadt verpflichtet, weitere 546 Geflüchtete aufzunehmen. „Diese Zahl ist erfahrungsgemäß starken Schwankungen unterworfen und lässt keine hinreichend genaue Planung von Aufnahmekapazitäten zu. Wir können jedoch zumindest aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage unter anderem im Nahen Osten und in der Ukraine nicht davon ausgehen, dass die Zahl der Menschen, die in die EU und die Bundesrepublik Deutschland flüchten, signifikant sinkt“, wird Stadtdirektor Markus Schön in einer Veröffentlichung der Pressestelle zitiert. Da die Kapazitäten zur Unterbringung in Krefeld mittlerweile erschöpft sind, beabsichtigt die Verwaltung, das ehemalige Studierendenwohnheim an der Gladbacher Straße 346/Obergath 211-215 für die Dauer von 15 Jahren als Unterkunft für geflüchtete Menschen anzumieten. Der Rat wird in seiner Sitzung am Dienstag, 12. Dezember, darüber entscheiden.

Für die von der Verwaltung beabsichtigte langfristige Anmietung des Objektes an der Gladbacher Straße spricht die aktuelle Unterbringungssituation in Krefeld, heißt es. Die Gemeinschaftsunterkunft Siemesdyk soll aufgrund ihres schlechten baulichen Zustands ab 2026 ersetzt werden und kann bis dahin voraussichtlich nicht mehr vollständig genutzt werden. Bis Mitte 2024 gibt es noch zwei vorübergehend angemietete mobile Unterbringungsmöglichkeiten am Reepenweg und an der Westparkstraße 7. Darüber hinaus hat die Verwaltung sukzessive Verträge über 138 Betten mit Krefelder Beherbergungsbetrieben geschlossen. Diese vergleichsweise kostenintensiven Anmietungen, können bei entsprechender Entspannung der Aufnahmesituation binnen weniger Monate gekündigt werden. Auch die Turnhalle an der Breslauer Straße, die erst seit kurzem für die Unterbringung genutzt wird, könnte gegebenenfalls kurzfristig dem Schul- und Sportbetrieb zurückgeben werden. Zudem würde man die Inanspruchnahme weiterer Turnhallen vermeiden, was sicher im Sinne der Bevölkerung wäre.

Das Zentrale Gebäudemanagement (ZGM) hat die Anmietung des ehemaligen Studierendenwohnheims an der Gladbacher Straße vorgeschlagen, um den großen Bedarf an Wohnraum für Hilfesuchende zu decken. Das Objekt ist zum Teil mit Küchen und Zimmereinrichtung ausgestattet, die ebenfalls Bestandteil des Mietverhältnisses würden. Neben den Wohneinheiten umfasst der Standort Gewerbeflächen im Erdgeschoss und Kellerflächen sowie zehn Pkw-Stellplätze. „Für die Anmietung des Objekts sprechen zum einen die notwendigen Auswirkungen auf die Aufnahmekapazitäten, zum anderen ist auch die Gebäudestruktur für eine Unterbringung von Geflüchteten überaus geeignet“, erklärt ZGM-Leiter Rachid Jaghou in dem erwähnten Rundschreiben. „Die Unterkunft ermöglicht die flexible Belegung mit Einzelpersonen oder Familien, ohne dass Konflikte durch die Gemeinschaftsnutzung von Küche und Bad entstehen“, ergänzt Andreas Pamp, Leiter des Fachbereichs Migration und Integration. „Zudem wird hier deutlich mehr Privatsphäre ermöglicht und damit eine gute Voraussetzung für gelingende Integration geschaffen“.

Im ehemaligen Studierendenwohnheim gibt es 47 Wohnungen mit 135 einzeln nutzbaren Wohneinheiten (Zimmern mit gemeinsamen Küchen, Badezimmern und WC). Im Zuge der geplanten Nutzung kann eine Maximalbelegung von 150 bis 170 Plätzen erreicht werden. Das ZGM hat die Flächen am 23. November gemeinsam mit dem Fachbereich Migration und Integration sowie dem Fachbereich Feuerwehr und Zivilschutz eingehend besichtigt. Festgestellte Mängel wären durch den Vermieter bis zur Übergabe zu beseitigen. Dies gilt auch für einige Räumlichkeiten, die aktuell noch von Studierenden bewohnt sind und zu einem  späteren Zeitpunkt an die Stadt übergeben werden. Das Erdgeschoss mit den vorhandenen Gewerbeflächen soll entsprechend den Anforderungen des Fachbereichs Migration und Integration für die Nutzung als Büro- und Beratungsräume für Unterbringungsbetreuung und Sozialarbeit umgebaut und hergerichtet werden.


Dialog mit der Bevölkerung wird gesucht

Bezüglich des konkreten Vorgehens befindet sich die Stadt mit dem Vermieter in der Abstimmung. Falls der Stadtrat der geplanten Anmietung der Immobilie zustimmt, wird die Verwaltung vor dem Bezug in einem Bürgerdialog Anwohner, Gewerbetreibende und Organisationen, die in unmittelbarer Nähe zum Objekt wohnen, leben und arbeiten, über die Flüchtlingsunterkunft informieren.

So etwas hat die Stadtverwaltung am 7. Dezember bereits veranstaltet. Dabei ging es um Unterkünfte an der Breslauer Straß. Rund 70 Personen hatten sich im Vorfeld für die von Steffen Hoss von der städtischen Gemeinwesenstelle moderierte Veranstaltung im ökumenischen Gemeindezentrum der Pius-Lukas-Kirche in Krefeld-Gartenstadt angemeldet. Stadtdirektor Markus Schön gab gemeinsam mit Andreas Pamp, Fachbereichsleiter Migration und Integration, und Petra Alm, Sachgebietsleiterin interkulturelle soziale Arbeit, den Anwesenden Auskunft über die aktuellen Zahlen ankommender Menschen in Krefeld und die Auswirkung auf die Belegung der Turnhalle Breslauer Straße.

Derzeit kommen rund 20 bis 40 „Schutzsuchende“ in Krefeld pro Woche an, die Zahlen haben zuletzt wieder deutlich zugenommen“, sagte Stadtdirektor Markus Schön dabei. Die Belegung der Turnhalle Breslauer Straße sei dennoch lange vermeidbar gewesen. „Die hohen Zuweisungszahlen ließen jedoch keine andere Möglichkeit zu. Meine Hoffnung ist es, dass wir im Frühjahr 2024 andere Unterbringungsmöglichkeiten gefunden haben, um die Turnhalle wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zuführen zu können“, so Markus Schön weiter.

Aktuell ist den 13 Vereinen und organisierten Gruppen, die in der Turnhalle Breslauer Straße regelmäßig Sport treiben und aktuell aufgrund der Unterbringung auf andere Standorte ausweichen müssen, durch die Sportverwaltung Ersatzzeiten im gesamten Stadtgebiet angeboten werden können. Andreas Pamp berichtete, dass aktuell 56 Personen in der Turnhalle Breslauer Straße untergebracht seien: „Darunter sind „alleinreisende“ Männer und auch Familien. Wir versuchen die Verweildauer in der Turnhalle für alle so kurz wie möglich zu halten. Es sind auch schon wieder Personen ausgezogen“. Petra Alm teilte ergänzend mit, dass die ersten Deutschkurse, die ebenfalls in den Räumlichkeiten in der ökumenischen Gemeinde stattfinden, in der kommenden Woche beginnen werden.

„Wer sich für Flüchtlinge engagieren möchte, kann sich jederzeit an die Kolleginnen der Flüchtlingskoordination wenden“, gab Petra Alm auf Nachfrage den Hinweis, dass ehrenamtliche Kräfte immer gesucht werden.

Ansprechpartnerin in der Flüchtlingskoordination ist Doris Schlimnat. Sie ist zu erreichen mit der Telefon-Nr. 0 21 51 / 86 48 11 und per eMail an fluechtlinge@krefeld.de.

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